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Schädigung gerichtlich bestätigt

(aus der Zeitschrift für Umweltmedizin, Heft 2/2001, Seite 79. Wiedergabe mit Erlaubnis des Verlages).

In einem ersten gerichtlich entschiedenen Verfahren hat das Sozialgericht Stuttgart die Gesundheitsschädigungen einer Zahnarzthelferin durch Quecksilber als Berufskrankheit anerkannt.

Die Klägerin arbeitete in einer Zahnarztpraxis, in der regelmäßig Amalgamfüllungen gelegt wurden. Ihr Zahnarzt setzte sie auch noch dafür ein, Amalgamfüllungen nach Implantation zu polieren. Zusätzlich wurde sie durch einen Praxisunfall, bei dem flüssiges Quecksilber durch einen Unfall in der Praxis ausgelaufen war (etwa ein Fingerhut voll Quecksilber), gegenüber den metallischen Dämpfen exponiert.

Weitere unzureichende Arbeitsplatzbedingungen im konkreten Fall (wie unzureichende Lüftungsmöglichkeiten) kamen hinzu. Der am Arbeitsplatz der Klägerin eingesammelte Praxisstaub war extrem mit Quecksilber belastet (1 600 000 µg/kg).

Das Sozialgericht Stuttgart hat erstinstanzlich anerkannt, dass die Zahnarzthelferin tatsächlich an ihrem Arbeitplatz durch Quecksilber aus Amalgamfüllungen oder bei dessen Verarbeitung zu Schaden gekommen ist (Urteil vom 14. Juni 2000, Az.: S6U 1663/95). Sie hatte die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege auf Anerkennung einer Berufskrankheit in Anspruch genommen.

Streitig war in dem Verfahren, inwieweit die bei der Klägerin festgestellten Nierenerkrankungen mit kolikartigen Anfällen, Hautausschlägen, Gleichgewichtsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit während der Arbeitszeit und Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes auf die Schadstoffbelastungen am Arbeitplatz zurückgingen. Das Gericht holte ein toxikologisches Sachverständigengutachten von der Universität Ulm (Prof. Wolf und andere) ein. Dieses Gutachten bestätigte einen ursächlichen Schädigungszusammenhang.

Das Sozialgericht Stuttgart bejahte insofern das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nummer 1102 zur Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung und stützte sich dabei maßgeblich auf das von ihm in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten. Das von der Beklagten als Parteigutachten beauftragte Gegengutachten bei der Universität Nürnberg-Erlangen (Prof. Lehnert) konnte nach Auffassung des Gerichtes den vom Gericht angenommenen Schädigungszusammenhang nicht widerlegen.

Die beklagte Berufsgenossenschaft hat gegen das ergangene Urteil Berufung eingelegt und zwischenzeitlich ein weiteres Parteigutachten in Auftrag gegeben.

Korrespondenzadresse:
Wilhelm Krahn-Zembol,
Rechtsanwalt (Umweltrecht, Umweltmedizin und Recht),
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