Amalgam-Informationen

Urteile

Gerichtsurteile zu Amalgam ♦ Hintergrund ♦ Kommentare

Inhalt

  1. Klagen gegen die private Krankenversicherung
  2. Klagen gegen die gesetzliche Krankenversicherung
  3. Klagen gegen den behandelnden Arzt
  4. Berufskrankheiten
  5. Sonstige Verfahren
    z.B. gegen den Amalgamhersteller

Die Gerichtsentscheidungen beschäftigen sich überwiegend mit der Frage, ob der Kostenerstatter (private oder gesetzliche Krankenversicherung) verpflichtet ist, die durch Amalgam entstandenen Krankheitskosten zu erstatten. Interessant können in diesem Zusammenhang auch Entscheidungen sein, die sich auf Krankheiten mit anderen Ursachen, z.B. Holzschutzmittel, beziehen.

Da die chronische Quecksilber-Intoxikation - falls das Quecksilber aus Amalgam-Füllungen stammt - eine iatrogene (d.h. durch den Arzt hervorgerufene) Krankheit ist, sind auch Schadenersatz- und Schmerzensgeld­klagen gegen den Zahnarzt oder den Amalgam-Hersteller denkbar, denn sie (sollten) wissen, was sie tun! Hierzu liegen bisher nur wenige Urteile vor.

 

Ein Link am Aktenzeichen führt zum Urteil.
Gericht
Aktenzeichen
Datum des Urteils Inhalt, Tenor
1. Klagen gegen die private Krankenversicherung (PKV)
AG = Amtsgericht   BGH = Bundesgerichtshof
BGH
IV ZR 135/92

auch hier:
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Kommentar:
RA Mummenhoff

23.6.1993

PKV muss auch alternative Behandlung erstatten
Die Bedingung der privaten Krankenversicherung, dass nur schulmedizinische (wissenschaftlich anerkannte) Methoden erstattet werden, ist ungültig. Vor allem die Behandlung einer chronischen Erkrankung darf, wenn sie medizinisch notwendig ist, die Krankenversicherung nicht verweigern.
AG Flensburg

62 C 205/93

30.8.1993

Nicht nur Schulmedizin!
Die Krankenversicherung muss eine Diagnose akzeptieren, die auf Befunden der Labore Schiwara und Zytognost beruht. Laut BGH-Urteil vom 23.06.1993 darf die Versicherungsleistung nicht auf schulmedizinische Behandlungen beschränkt werden, sondern es werden nur Wunderheilung und Scharlatanerie abgelehnt.
AG Frankfurt

30 C 38/99-47

Urteil

Kommentare:
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27.10.2000

Krankenversicherung muss auch für Hoffnungstherapie zahlen
Patienten haben bei einem Verdacht auf schwerwiegende gesundheitliche Störungen (hier: Tinnitus), ausgelöst von Amalgam-Zahnfüllungen, einen Anspruch auf Füllungen aus anderem Material. Die Kosten hierfür hat die Krankenversicherung zu tragen. Dieser Rechtsanspruch gilt nach auch dann, wenn der Zusammenhang zwischen der Gesundheitsstörung und dem Amalgam medizinisch nicht eindeutig erwiesen, sondern nur mit einer nachvollziehbaren Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.

Die Krankenversicherung hatte jedoch die Übernahme der zusätzlichen Kosten mit der Begründung verweigert, dass kein Zusammenhang zwischen Amalgam und Tinnitus-Erkrankungen bestehe. Das Gericht entschied zu Gunsten des Patienten, dass die Krankenversicherung auch die Kosten für eine quasi experimentelle Therapie zu erstatten hat, wenn es sich um eine erhebliche Krankheit handelt, für die es einen anderen Erfolg versprechenden Heilungsweg nicht gibt. Im Fall des Klägers sei das Amalgam als letzte Möglichkeit ersetzt worden. Es sei eine Hoffnungstherapie gewesen, auf die der Patient einen Anspruch habe.

Gericht
Aktenzeichen
Datum des Urteils Inhalt, Tenor
  2. Klagen gegen die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
SG = Sozialgericht   LSG = Landessozialgericht   BSG = Bundessozialgericht   BVG = Bundesverfassungsgericht
LSG Rheinland- Pfalz

L 5 K 30192

22.10.1992 Aus dem Urteil, S. 9 (zitiert im Kieler Amalgamgutachten, S. 122):
"Eine wissenschaftlich sichere Methode zum Nachweis von Quecksilberüberbelastungen durch Amalgamfüllungen gibt es bisher nicht."
LSG Schleswig-Holstein

Az.:
L 1 Kr 138/93

Kommentare:
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8.3.1994 Austausch von Amalgam nur bei Allergie
Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand gibt es keine hinreichenden Belege für generelle gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Amalgam bei zwar großflächigen, aber exakt, mit gutem Randabschluß gelegten Füllungen. Eine vorliegende Quecksilber-Allergie ergibt die Notwendigkeit zur Entfernung von Amalgam-Füllungen. Sie muß allerdings durch den Epicutan-Test nachgewiesen werden. Dimaval- (nach Daunderer) und Haartests (nach Juchheim) führen nicht zu verwertbaren Ergebnissen.
SG Konstanz

S 2 Kr 378/92
oder hier

Kommentar

22.4.1994

Kasse muss Austausch der Füllungen zahlen; Beweis: Speicheltest.
Die Klägerin hatte Migräne. Die Quecksilbervergiftung wurde durch einen Speicheltest nachgewiesen. Es besteht keine Allergie gegen Amalgam; ein Urintest wurde nicht vorgenommen. Die Krankenkasse muss trotz dieser "Minimal-Diagnostik" zahlen. Gutachter des Gerichts: Prof. Drasch, München. Das Gericht erkennt: Kopfschmerzen (Migräne) zählen geradezu lehrbuchmäßig zu den Symptomen einer chronischen Quecksilber-Intoxikation.
LSG Schleswig- Holstein

L 1 Kr 37/96

Kommentar

12.9.1996 Durch Quecksilber "nur" toxisch belastet
Die Klägerin litt unter Multipler Sklerose und hatte einen Mobilisationstest (vermutlich DMPS-Test) mit positivem Ergebnis machen lassen. Das Gericht stellte fest, dass die Patientin nur toxisch belastet sei, aber nicht allergisch reagiere. Der Mobilisationstest wurde nicht anerkannt. Die Krankenkasse muss die Goldgussfüllungen, die nach Entfernung der Amalgamfüllungen gelegt worden waren, nicht erstatten.
LSG Nieder­sachsen

L 4 Kr 181/94

Kommentar vom 3.1.1997

17.7.1996 Schäden durch Amalgam und Palladium sind nicht krankenversichert
Die Klägerin hatte vor Gericht geltend gemacht, sie habe wegen der Quecksilberlegierung in ihren Zahnplomben seit mehr als zehn Jahren unter Symptomen wie Zungenbrennen, Augenjucken, Magen- und Darmerkrankungen, Gesichtsschmerzen, Gelenkbeschwerden und sogar psychischen Beeinträchtigungen gelitten. Das Gericht urteilt: Wer wegen einer Amalgam-Palladium-Allergie einen Zahnersatz braucht, muß 40 Prozent der Kosten selbst tragen.
BSG

1 RK 28/95

16.9.1997 MDK bestreitet Wirksamkeit einer wirksamen Therapie
Der Kläger leidet an einer "Duchenne'schen Muskeldystrophie" (DMD), die bei einem Arzt für Allgemeinmedizin, allerdings ohne Kassenzulassung, mit Thymuspeptiden, Zytoplasma, homöopathischen Mitteln und Bioresonanztherapie behandelt wurde. Die Ärzte halten den bisherigen Krankheitsverlauf für günstig. In einer Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes wird die Wirksamkeit der durchgeführten Behandlung bestritten. Der Anspruch des Klägers wird abgelehnt.
SG Düsseldorf

S 4 Kr 107/94

24.11.1997

Kasse muss für immunmodulatorische Therapie zahlen
Streitpunkt ist eine privatärztliche Behandlung der Folgen einer chronisch inhalativen Pentachlorphenol- und Lindanvergiftung. Die Klägerin litt unter zahlreichen Beschwerden: Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Schwindel, übersteigertes Schlafbedürfnis, Gelenkschmerzen, Parästhesien, rezidivierende sinobronchiale Infekte, rezidivierende Harnwegsinfekte; Halsschmerzen, Herzklopfen, Panik und Angstanfälle, Phobien, depressive Symptomatik, Gefühlsschwankungen, Allergie mit Hautveränderungen, Brustschmerzen. Die Klägerin beantragt die nachfolgende Kostenerstattung durch die Krankenkasse.

Entscheidung des Gerichts: Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der Kosten der immunmodulatorischen Therapie nach den Kriterien der Rechtsprechung des BSG zur Erstattungsfähigkeit von Behandlung nach Außenseitermethoden (vgl. BSG Urteil vom 05.07.1995 - 1 RK 6/95 - und vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, 1 RK 30/95, 1 RK 32/95, 1 RK 14/96-).

LSG NRW

L 16 Kr 94/97

Kommentar

19.1.1998 Auch wer einen Zahnersatz braucht, um die Ursache einer Amalgamvergiftung zu beseitigen, muß sich an den Zahnarztkosten beteiligen.
Bei einem Patienten mußten die Amalgamfüllungen aus gesundheitlichen Gründen entfernt werden. Die Kosten dafür und für den neuen Zahnersatz wollte er vollständig von der Krankenversicherung bezahlt bekommen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied jedoch, dass auch bei solchen medizinisch notwendigen Zahnbehandlungen der Patient noch an den Kosten zu beteiligen ist.
Bundes­verfassungs­gericht

1 BvR 897/98

Kommentar

14.8.1998 Krankenkasse muss in bestimmten Fällen für Zahn-Sanierung zahlen
Das BVG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Es stellt jedoch fest:
Wenn es zum Zeitpunkt, als die Füllung gelegt wurde, keine weitere Alternative gab, und durch die Füllung ein Schaden entstanden ist, dann muss die Krankenkasse für die Sanierung zahlen - sogar ohne Eigenbeteiligung des Versicherten. Wenn es eine Alternative gab, muss der Zahnarzt haftungsrechtlich belangt werden, da er möglicherweise falsch entschieden hat.
BSG

B1 KR 13/97 R

Kommentare:

Oldbg. Stachel
Der Spiegel
Krahn-Zembol

6.10.1999 Therapeutischer Nutzen durch Entfernung von Amalgamfüllungen nicht erwiesen
Der Kläger ließ von 1972 bis 1990 eine Reihe von Zähnen mit Amalgam­plomben füllen. Ein Neurochirurg hatte anläßlich des hirnelektrischen Befundes eine Amalgamintoxikation diagnostiziert. Ein praktischer Arzt hatte den Kläger wegen einer intestinalen Mykose, die im Rahmen einer Immunstörung durch eine chronische Quecksilbervergiftung zu sehen sei, behandelt. Seinen Antrag, das vorhandene Amalgam durch Glasionomer­zement zu ersetzen, weil er durch Quecksilberintoxikation an einer Vielzahl verschiedener Beschwerden (u.a. am Kreislauf, Herzrhythmusstörungen, Gelenkschmerzen, Durchfällen, Magen-Darm- und Pilzerkrankungen, Haarausfall, Sehstörungen, Zahnfleisch­entzündungen, depressiven Verstimmungen und Schlaflosigkeit, an den Gelenken und bei der Verdauung) leide, wurde von der Krankenkasse abgelehnt, weil eine Unverträglichkeit für die in den Amalgamfüllungen enthaltenen Stoffe nicht ausreichend belegt sei. Das SG hatte die Entschei­dung bestätigt, das LSG die Krankenkasse zur Kostenerstattung verurteilt.

Das Urteil des LSG Niedersachsen (L 4 Kr 156/95 vom 10.9.1997) wird vom BSG aufgehoben. Gründe (u.a.): das LSG habe keine eigenen Ermittlungen zur Ursache der Krankheit angestellt; es sei keine Ausschlussdiagnostik vorgenommen worden. Gutachten der behandelnden Ärzte allein reichen nicht aus. Der therapeutische Nutzen der Maßnahme (Austausch der Füllungen) sei nicht ausreichend gesichert. Da es auf den Nachweis der generellen Wirksamkeit ankomme, könne die Leistungspflicht der Krankenkasse auch nicht damit begründet werden, dass sich die Therapie im konkreten Einzelfall als erfolgreich erwiesen habe.
Hinweis: der Nachweis der generellen Wirksamkeit müsste durch eine epidemiologische Studie (Statistikstudie) erbracht werden, deren wissenschaftliche Bedeutung von der Schulmedizin anerkannt werden müsste. Das kann der Kläger nicht leisten.

BSG

B1 KR 14/98 R

auch hier

6.10.1999 Die gesundheitliche Gefährdung durch Amalgamfüllungen ist umstritten und nicht nachgewiesen.
Die Klägerin führt verschiedene Krankheitsbeschwerden - vor allem Nervosität und chronische Erschöpfungserscheinungen, eine erhöhte Neigung zu Infekten und Hautekzemen sowie Kopf- und Rückenschmerzen - auf Amalgamfüllungen als Ursache zurück. Beleg: erhöhte Quecksilberwerte im Speichel und im Urin. Sie lässt sich im Winter 1992/93 die vorhandenen Amalgamfüllungen durch Gußfüllungen aus Gold (Inlays) ersetzen. SG und LSG lehnen den Anspruch der Klägerin ab; das BSG bestätigt die Ablehnung. Das BSG meint, dass die von der Klägerin behauptete Quecksilberintoxikation wissenschaftlich nicht abgesichert und nicht nachgewiesen sei und dass die gesundheitlichen Belastungen durch Amalgam wissenschaftlich umstritten seien.
BSG

B1 KR 4/99 BH

24.5.2000 Keine Prozeßkostenhilfe für Amalgam-Klage
Die Krankenkasse hatte es abgelehnt, den Austausch von Amalgam-Füllungen gegen Kunststoff-Füllungen zu bezahlen. Die Krankenkasse verweigert auch eine Auskunft darüber, ab wie vielen Amalgam-Füllungen ein gesundheitliches Risiko bestehe. Eine Klage dagegen scheitert beim LSG; es lässt keine Revision zu. Das BSG entscheidet: Dem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG kann nicht entsprochen werden.
BSG

B1 KR 5/ 99 R

Weitere Urteile:
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25.9.2000 Die Klägerin hatte sich wegen eines chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) privatärztlich behandeln lassen. Die Krankenkasse hatte den Antrag, die Behandlungskosten einschließlich der Aufwendungen für Medikamente zu erstatten, abgelehnt, weil das mit dem Begriff Chronic Fatigue Syndrome gekennzeichnete Krankheitsbild nicht so schwerwiegend sei, dass aus­nahmsweise eine Anwendung neuer, wissenschaftlich bisher nicht erprobter Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht kommen könne. Außerdem seien die bei der Klägerin durchgeführten Behandlungsmaßnahmen als unwirtschaftlich zu bewerten. Leistungen, die auf Krankenschein nicht abrechenbar seien, könnten auch nicht im Wege der Kostenerstattung in Anspruch genommen werden.

Das Gericht stellt fest, dass die vorliegenden Tatsachen für ein Urteil nicht ausreichen und verweist die Sache an das LSG zurück. Das Gericht untersucht die verschiedenen Möglichkeiten, dem Patienten abweichend vom Sachleistungsprinzip die Kosten der Behandlung zu erstatten, und kommt zum Ergebnis, dass keine der erforderlichen Voraussetzungen vorliegt.

 BSG

B1 KR 37/00 R

auch hier:
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Kommentar

19.3.2002 Off-label-use (Medikamenteneinsatz außerhalb der zugelassenen Indikation):
Krankenkassen müssen das off-label-Medikament nur in bestimmten Fällen bezahlen:
  • Es muss eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegen.
  • Es darf keine andere Therapie verfügbar sein.
  • Es muss die begründete Aussicht bestehen, dass mit dem verordneten Arzneimittel Erfolge erzielt werden.
Wenn die Krankenkasse nicht zahlt, kann der Arzt ein Privatrezept ausstellen. Der Arzt haftet in jedem Fall für die Nebenwirkungen.
BSG

B 1 KR 31/01 R
auch hier

Kommentar

30.10.2002 Der Kläger begehrt Kostenerstattung für die in den Jahren 1994 bis 1997 erfolgte Ersetzung von 8 Amalgamfüllungen durch Gold-Inlays. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen; Gold-Inlays gehörten nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung; sie seien auch nicht medizinisch notwendig gewesen. Mit der vom BSG zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Anspruch weiter verfolgt.

Das BSG hat den Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen. Das LSG hatte nicht genügend berücksichtigt, dass die beklagte AOK dem Kläger im August 1992 eine Kostenerstattung von insgesamt 1.760 DM in Aussicht gestellt, eine weitergehende Leistung jedoch abgelehnt hatte. Hierin könnte eine Leistungsablehnung i.S. des § 13 Abs 3 SGB V - als Grundvoraussetzung der Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Leistung - liegen. War dies der Fall, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits - auch unter Berücksichtigung der Grundsatzentscheidung des Senats vom 6.10.1999 (BSGE 85, 56 = SozR 3-2500 § 28 Nr 4) - von weiteren, bisher nicht abschließend geklärten Einzelheiten ab.

SG Köln

S 26 (23) KR 4/01

Kommentar

14.1.2003 Kein Anspruch auf Goldfüllungen
Treten bei einem Patienten mit Amalgamfüllungen in den Zähnen krankhafte Erscheinungen und eine erhöhte Spannung im Mund auf, so hat er dennoch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten eines Ersatzes der Amalgamfüllungen durch Goldfüllungen.
LSG Bayern

L 4 KR 180/03

Kommentar
4.3.2004 Kasse muss für Austausch von Amalgamfüllungen nicht zahlen
Kann kein Nachweis über eine Amalgamunverträglichkeit geführt werden, so besteht kein Anspruch auf Austausch der Amalgamfüllungen mit Goldfüllungen.
Bundesverfassungsgericht

1 BvR 347/98

auch hier

Kommentare: _1_ _2_

6.12.2005

GKV muss in besonderen Fällen alternativmedizinische Behandlung erstatten.
Es ist mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizini­schem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.

Der Kläger leidet an der Duchenne'schen Muskeldystrophie. Das sind Muskelerkrankungen, die durch einen pathologischen Umbau des Gewebes mit erheblichen Funktionsstörungen gekennzeichnet sind. Die Lebenserwartung ist stark eingeschränkt. Üblicherweise wird nur eine symptomorientierte Behandlung durchgeführt. SG und BSG hatten gegen den Kläger entschieden. Die Bundesregierung, AOK, Barmer Ersatzkasse, der Verband der privaten Krankenversicherung und der Gemeinsame Bundesausschuss haben sich gegen den Anspruch des Klägers ausgesprochen. LSG und schließlich das BVG haben für den Kläger votiert.

LSG Chemnitz
L1 KR 59/02
Gutachten
Kommentar
25.1.2007

Die Klägerin litt unter Allergien und Autoimmunkrankheiten, mit der Folge von Arbeitsunfähigkeit. Nach Vorlage des Gutachtens leistete die beklagte AOK ein Anerkenntnis und vermied dadurch ein Gerichtsurteil in der Sache.
LSG Nordrhein-Westfalen

L 5 KR 188/10

9.9.2010 Eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) darf nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu den Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung / Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung, Anlage II Nr. 39 und Anlage I Nr. 14 § 1, nur bei den dort genannten Indikationen zu Lasten der GKV erbracht werden.

Die Klägerin leidet "nach eigenen Angaben an vielfältigen schweren Überempfindlichkeiten in Form eines sog. Multiple-Chemical-Sensitivity-Syndroms (MCS) i.V.m. einem chronischen Müdigkeitssyndrom als Folge einer - so ihre Angaben - chronischen Vergiftung durch Amalgam-Inhaltsstoffe, Pentachlorphenol (PCP) und Formaldehyd".

BSG

B 1 KR 3/13 R

Kommentar

2.9.2014

Bei Amalgam-Allergie muss die Kasse im Einzelfall zahlen. Versicherte haben Anspruch auf eine notwendige Behandlung. Allerdings hat das BSG keine abschließende Entscheidung getroffen und den Fall an das LSG zurückwiesen.

Der behandelnde Zahnarzt hatte dem LSG mitgeteilt: "Bei der Klägerin bestehe [...] eine Allergie auf Quecksilber(II)-amidchlorid, außerdem eine solche auf Triethylenglykoldimethacrylat (TEGDMA), das in allen Kompositadhäsiven enthalten sei."

Gericht
Aktenzeichen
Datum des Urteils Inhalt, Tenor
  3. Klagen gegen den behandelnden Arzt
LG = Landgericht   OLG = Oberlandesgericht
BGH = Bundesgerichtshof   BFH = Bundesfinanzhof
LG Augsburg

Az. 9 O 310/93

Kommentar

8.7.1994 Aufklärungspflicht des Zahnarztes - Beweislast beim Patienten
"Eine Aufklärung (bei Legung von Amalgamfüllungen) ist nur hinsichtlich solcher Risiken erforderlich, die nach medizinischer Erkenntnis tatsäch­lich bestehen, und nicht hinsichtlich solcher Risiken, für deren Bestehen es keinen wissenschaftlichen Nachweis gibt, deren Auftreten vielmehr nur nicht ausgeschlossen werden kann. Eine Aufklärung über jede von irgend­einem medizinischen Außenseiter aufgestellte unbewiesene Hypothese würde den Patienten nur verwirren und von den real bestehenden Risiken ablenken."

Nach Meinung des Gerichts kann eine "übertriebene" Aufklärung über nicht nachweislich bestehende Risiken gerade in Bezug auf Amalgam­füllungen überaus negative Auswirkungen haben. Der Patient trägt nach diesem Urteil grundsätzlich die volle Beweislast für einen von ihm behaupteten Gesundheitsschaden durch Amalgamfüllungen. Nach Ansicht der Augsburger Richter kann dieser Beweis aber nicht derartig geführt werden, weil es keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse darüber gibt, dass durch Amalgamfüllungen überhaupt Vergiftungserscheinungen auftreten können.

LG Frankenthal

Az.: 6 O 147/96

Kommentar

21.5.1996 keine verstärkte Aufklärungspflicht bei Non-Gamma-2-Amalgam
Im Jahr 1991 bestanden keine durchgreifenden Bedenken gegen „Non-Gamma-2-Amalgam“. Insoweit bestanden auch keine Anhaltspunkte für eine verstärkte Aufklärungspflicht. Die erst 1992 herausgegebenen Hinwei­se des Bundesgesundheitsamtes bezogen sich auf „Gamma-2-Amalgame“. Sind bei einem Patienten bereits Amalgamfüllungen vorhanden und treten nach teilweiser Entfernung und Neuversorgung mit Amalgam Beschwerden auf, so ist ein exakter Nachweis, dass gerade die neuen Amalgam­füllungen für die Beschwerden ursächlich sind, nicht möglich.
AG Frankfurt

Az.: 29 C 2985/95-46

Kommentar

3.3.1997 Schmerzensgeld bei mangelhafter Sanierung alter Amalgamfüllungen
Anläßlich umfangreicher Sanierungen alter Amalgamfüllungen sind Röntgenaufnahmen zur Feststellung des Ausmaßes möglicher Defekte indiziert. Der Sachverständige hat festgestellt, dass alle vorgenommenen Sanierungen alter Amalgamfüllungen indiziert gewesen sind. Fällt eine Krone etwa 1 Jahr nach Eingliederung wieder heraus und ist das höchstwahrscheinlich auf das Befestigungsmaterial zurückzuführen, so liegt eine mangelhafte Arbeit des Zahnarztes vor und dem Patienten steht dafür ein Schmerzensgeld in Höhe von DM 500 zu.
OLG Schleswig

4 U 89/95, auch hier

14.10.1998 Die Verwendung von Amalgam ist kein Behandlungsfehler. Die Auflärungspflicht wurde nicht verletzt.

Die Klägerin nennt folgende Krankheitssymptome: Magenkrämpfe, Verdauungsstörungen, extreme Müdigkeit, Augenflimmern, Konzentrationsstörungen, gravierende Migräne, Selbstmordgedanken, Weinkrämpfe. Die Neurologie in der Uni-Klinik Kiel vermutet psychische Ursachen. Nach Quecksilber-Entgiftung mit DMPS/DMSA und Metalcaptase mildern sich einige Symptome. Die Berufungsklage gegen die Zahnärztin wird abgewiesen, weil Amalgam im Seitenzahnbereich im Regelfall zu verwenden war; ein Kofferdamm musste beim Ausbohren nicht gelegt werden.

LG Kiel

10 S 68/98, auch hier

Kommentare: _1_   _2_

3.12.1998

Zahnarzt muss über Risiken des Füllungsmaterials (hier: Palladium) aufklären
Der Zahnarzt hat seine Aufklärungspflicht verletzt, weil er seinen Patienten nicht hinreichend über das Risiko einer möglichen Unverträglichkeit eines Zahnfüllstoffes (Palladium-Gold-Legierung) hinweist.
Der Patient ließ (vorsichtshalber) Amalgam-Füllungen gegen Goldinlays austauschen. In der Folgezeit traten jedoch gesundheitliche Beschwerden auf, die ihren Grund in einer Palladium-Allergie hatten. Der Palladium­anteil in den Goldlegierungen war ungewöhnlich hoch, worauf der Zahnarzt aber nicht hinwies.

Je weniger dringlich der Eingriff sei (wie im vorliegenden Fall), desto größere Anforderungen seien an die Aufklärungspflicht zu stellen. Dieser sei der Zahnarzt nicht im Ansatz nachgekommen, so dass der Patient gegen ihn einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung habe. Der Zahnarzt könne sich auch nicht seiner Aufklärungspflicht mit einem Hinweis auf den Anmeldebogen entziehen. Der Patient wurde darauf u. a. auch nach Allergien befragt. Diese seien aber oftmals dem Patienten selbst nicht bekannt.

Quelle: NJW 1999, 3418 - 3419
OLG Koblenz

3 U 328/97

Kommentar

2.3.1999 Zahnarzt muss nicht über Risiken von Amalgam aufklären
Der Zahnarzt ist verpflichtet, auch über extrem seltene Risiken einer Behandlung aufzuklären. Dies gilt allerdings nur, wenn Wissenschaftler bereits ernstzunehmende Warnungen zur geplanten Behandlungsmethode geäußert haben.

Ein Patient ließ sich 1994 drei Zähne mit Amalgamfüllungen plombieren. Goldfüllungen lehnte der Patient aus Kostengründen ab. Bereits ab April 1994 zeigten sich Symptome einer heimtückischen Muskelkrankheit, der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), die im Herbst 1994 diagnostiziert wurde. Bei dieser Krankheit kommt es zunehmend zu motorischen Ausfällen und Muskelversagen. Der Mann verstarb im Mai 1995. Seine Ehefrau versuchte, vom Zahnarzt Schadenersatz zu bekommen.

Das OLG Koblenz wies ihre Klage ab. Nach dem Gutachten der neurolo­gischen Sachverständigen habe die Krankheit höchstwahrscheinlich schon vor der Zahnbehandlung, wohl Ende 1993, begonnen. Die Richter machten deutlich, dass die Auswirkungen insbesondere des im Amalgam enthaltenen Quecksilbers nur teilweise erforscht sind. Amalgamfüllungen seien "in der Regel" nicht mit gesundheitlichen Gefahren verbunden. Nur bei bestimmten Personengruppen (Schwangere, Kleinkinder) sei eine gewisse Vorsicht geboten. Jedenfalls werde das Risiko, an ALS zu erkranken, durch das umstrittene Füllmaterial nicht erhöht, wie wissen­schaftliche Untersuchungen gezeigt hätten, die die Bundesregierung veranlasst habe.

Obwohl bei riskanter Therapie der Patient besonders gründlich über deren mögliche Konsequenzen aufzuklären sei, habe der Zahnarzt den Patienten unter solchen Umständen nicht auf gesundheitsgefährdende Auswirkungen einer Behandlung mit Amalgam, erst recht nicht auf ein dadurch erhöhtes ALS-Risiko, hinweisen müssen. Ein Behandlungsfehler sei ihm ebensowenig vorzuwerfen.
OLG Köln

5 U 96/03

12.1.2005 Es entspricht im Jahr 1998 fachärztlichem Standard, Kunststoffe zur Füllung zu verwenden,
jedenfalls in dem verhandelten Fall: der Zahnarzt hatte parapulpäre Stiftverankerungen vorgenommen, um den Amalgamfüllungen ausreichenden Halt zu gewährleisten, und dadurch die Nerven der Zähne geschädigt. Der Zahnarzt wird zu Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt.

Das Gericht hat die Amalgamfüllungen nicht toxikologisch bewertet, hat allerdings die in der Überschrift genannte, bemerkenswerte Feststellung getroffen.

LG Mosbach
2 O 199/06

OLG Karlsruhe
7 U 263/07

27.11.2007


15.7.2008

Arzt musste chronische Quecksilbervergiftung nicht erkennen
Der Allgemeinmediziner hatte trotz einer Vielzahl von Symptomen keinen Verdacht auf chronische Quecksilbervergiftung geäußert und dadurch eine wirksame Therapie ca. 4 Jahre verzögert. Das Gericht folgte den Gutach­tern, die behaupteten, weder die aufgenommene Quecksilbermenge noch die Laborbefunde noch die Symptome hätten auf eine Quecksilbervergif­tung hingedeutet. Auch die Berufung blieb erfolglos.
OLG Köln

5 U 155/12

auch hier

21.10.2013 Amalgamentfernung ohne Schutzmaßnahmen zulässig
Der Klägerin wurden 1995 die Amalgamfüllungen ohne Schutzmaßnahmen und auf eigenen Wunsch entfernt; eine weitere medizinische Indikation gab es nicht. Es kommt darauf an, welche der bis zum Jahre 1995 vertretenen Auffassungen sich in der zahnärztlichen Praxis in einer Weise durchgesetzt haben, dass diese Auffassung und die daraus resultierenden Verhaltens­maßregeln unter den Zahnärzten als maßgebliche Grundlage ihrer Arbeit und damit als ihr Standard anerkannt waren. Ein Kofferdam hatte sich als Standard nicht durchgesetzt, und erst recht galt dies für die anderen Schutz­maßnahmen (Clean-Up-System, Atemmaske usw.); der Zahnarzt musste die Patientin nicht darüber aufklären. Nach Meinung des Gerichts kommt es auf die Frage möglicher Gesundheitsgefährdungen durch Amalgam nicht an. Die Gefahren durch Quecksilber-Vergiftung sind zwar gegeben, werden aber von den Zahnärzten als gering eingeschätzt. Entscheidend ist die Arbeitsweise gemäß dem medizinischen Standard.

Lediglich für Schwangere und Patienten mit Amalgam-Allergie wird etwa seit dem Jahr 1999 von einigen namhaften Wissenschaftlern ‒ so auch von dem Gerichtssachverständigen ‒ zusätzlich die Anwendung von Kofferdam empfohlen.

Das Urteil geht auch auf die umfangreichen Befangenheitsanträge gegen das Gericht der 1. Instanz (LG Köln) ein, weist diese aber zurück.

OLG Hamm
26 U 16/15

Kommentare:
n-tv,
heilpraxisnet,
Neue Westfälische,
RA Christmann

4.3.2016 Verwendung von Amalgam ist grundsätzlich unbedenklich.
Nach Auffassung des Gerichts ist weder eine fehlerhafte Behandlung noch eine fehlerhafte Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte feststellbar. Die Krankheitssymptome sind unerklärlich. Die Verwendung von Amalgam ist grundsätzlich unbedenklich.

Aus den Urteilsgründen: "Auch die Klägerin selbst hat angegeben, dass sie seit ihrer Kindheit Amalgamfüllungen bekommen habe. Danach sind die behaupteten Auswirkungen von Amalgam nach einer derartig langen Zeit nicht erklärlich. Der Sachverständige hat deshalb das Vorliegen einer Allergie ausgeschlossen, weil es zum einen überhaupt an den dafür notwendigen Symptomen gefehlt hat. Zum anderen hätten solche Symptome zeitnah und als typische Reaktionen der Haut oder anderer Stelle des Organismus auftreten müssen, im Falle der Klägerin schon in ihrer Kindheit."

Kommentar: Dem OLG und seinem Gutachter war offenbar unbekannt, dass Quecksilber giftig ist und deshalb Vergiftungssymptome entstehen können. Logisch: Die Krankheitssymptome sind unerklärlich.

Gericht
Aktenzeichen
Datum des Urteils Inhalt, Tenor
  4. Berufskrankheiten
SG = Sozialgericht   LSG = Landessozialgericht
BSG = Bundessozialgericht
SG Stuttgart
S6U 1663/95
Kommentar

LSG Baden-Württemberg
L7U 2889/00

14.6.2000
 
 

24.1.2002

In einem ersten gerichtlich entschiedenen Verfahren hat das SG Stuttgart die Gesundheitsschädigungen einer Zahnarzthelferin durch Quecksilber als Berufskrankheit anerkannt.
Das LSG hat das Urteil aufgehoben und eine Berufskrankheit verneint, weil nach seiner Überzeugung weder "das Ausmaß der schädigenden Einwirkungen noch die hierdurch verursachte Erkrankung mit dem erforderlichen Maß einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen" wurde. Der Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gegengutachtens wurde abgelehnt, weil sie "aus grober Nachlässigkeit" den Antrag erst in der mündlichen Verhandlung gestellt hatte.
Bayerisches LSG

L 18 U 272/02

25.06.2003

Eine Berufskrankheit wegen chronischer Quecksilbervergiftung durch Arbeit in der Thermometerherstellung wird anerkannt mit einer MdE von 50 %.
Bayerisches LSG

L 17 U 249/00

8.7.2003

Eine Berufskrankheit wegen chronischer Quecksilbervergiftung durch Arbeit in der Thermometerherstellung wird anerkannt mit einer MdE von 50 %.
LSG Mainz

L 5 U 101/09

3.3.2011 Chronische Quecksilbervergiftung wird nicht als Berufskrankheit eines Zahnarztes anerkannt
Die Klage beruht auf der Anzeige einer Berufskrankheit Nr. 1102 (Quecksilber) vom März 1990. Zwar erkennt das Gericht beim Kläger eine periphere Poly­neuropathie 1), eine leichte kognitive Störung, Geruchs- und Geschmacks­störung sowie einen Bandscheibenvorfall an. Es fehle aber an einer ausreichenden Exposition 2) des Klägers (in der 1. Instanz vor dem SG Mainz anerkannt: 20 µg Quecksilber/m³ Atemluft) und an wissenschaftlichen Erkenntnissen für ein erhöhtes quecksilberbedingtes Enzephalopathierisiko bei Zahnärzten. Es spielt auch keine Rolle, dass der Kläger mehr Behandlungen mit Amalgam (Ausbohren von Amalgamfüllungen) als der Durchschnitt der Zahnärzte durchgeführt hat und in welchem Umfang der Kläger bei seiner Arbeit Mundschutz getragen hat.

Das Gericht hat die Revision beim BSG Kassel nicht zugelassen. Eine dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

1) inzwischen hat sich zusätzlich Parkinson entwickelt. Das hatte der vom Kläger beauftragte Gutachter prognostiziert und Quecksilber als Ursache benannt. Die Prognose und das Gutachten insgesamt waren vom Gericht jedoch, auf Empfehlung des Gerichts-Gutachters, ignoriert worden.

2) Die Berufsgenossenschaft bgw hatte pflichtwidrig die Messung der Exposition am Arbeitsplatz des Zahnarztes unterlassen. Daraus ergab sich lediglich eine - folgenlose - Rüge des SG an die bgw. Der Gutachter des LSG hat dann die fehlende Messung durch eine Schätzung auf Basis der Quecksilberausscheidung des Klägers ersetzt. Allerdings hat er die sehr geringe Quecksilberausscheidung als sehr geringe Exposition fehlgedeutet; das LSG akzeptierte dies.

LSG Berlin-Brandenburg

L 21 U 69/16 oder hier

Kommentar, auch hier

21.1.2022 Quecksilbervergiftung einer Zahnarzthelferin wird nicht anerkannt.

Die Klägerin war von 1965 bis 1995 als Zahnarzthelferin tätig. Anfangs war es üblich, das Amalgam mit bloßen Fingern bzw. den Händen durchzuziehen und den Überschuss an Quecksilber auszuquetschen, dann in Form zu bringen und es auf einen Träger einzureichen. Symptome der Klägerin: Polyneuropathie, Gangunsicherheit mit Schwankschwindel, Kraftverlust und Missempfindungen an den Fingern, schmerzhafte Beschwerden an der Wirbelsäule, Atemwegserkrankungen.
Das Gericht geht davon aus, dass der Arbeitsplatzgrenzwert von 20 µg/m3 eingehalten wurde. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Klägerin schädigenden Einwirkungen von Quecksilber ausgesetzt war.

Gericht
Aktenzeichen
Datum des Urteils Inhalt, Tenor
5. Sonstige Verfahren
LG = Landgericht   OLG = Oberlandesgericht
BSG = Bundessozialgericht   BGH = Bundesgerichtshof
BFH = Bundesfinanzhof
BSG

14a RKa 7/92

Kommentar 1

Kommentar 2

8.9.1993

Zahnarzt darf Amalgam ablehnen (s. auch Info der KZV)
Darf ein Kassenzahnarzt, der nach Beratung eines Patienten auf dessen Wunsch Kunststoff anstelle von Amalgam als Füllungsmaterial auch im Regelfall verwendet, wegen eines Verstoßes gegen die kassenärztlichen Richtlinien disziplinarisch bestraft werden?

Die von der kassenärztlichen Vereinigung verhängten Disziplinarmaßnahmen wurden aufgehoben, weil der Verfahrensausschuß von der uneingeschränkten Geltung der maßgebenden Richtlinie auch für Vertreter der besonderen Therapierichtungen ausgegangen war.

Staatsanwaltschaft Frankfurt

65 Js 17084.4/91

31.5.1996

Ermittlungsverfahren
gegen die Degussa-Mitarbeiter Schulte, Dr. Müller und Prof. Dr. Dermann aufgrund der Strafanzeigen von 1500 Personen. Die Ermittlungen wurden von Staatsanwalt Erich Schöndorf geleitet, der auch die Erstellung des Kieler Amalgam-Gutachtens durch Prof. Wassermann et al. veranlasste. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 1,2 Mio DM eingestellt. Davon wurden die Studien Münchener Modell finanziert.

Hinweise:

OLG Koblenz

6 U 1500/96

13.2.1997 Zahnarzt darf nicht gegen Amalgam werben

Unter den Stichworten "Kieferorthopädie", "Implantate" und "Parodontitis" findet der Besucher der Zahnarzt-Homepage kurze Abhandlungen über Zahn- und Kieferkrankheiten und ihre Behandlung, deren Informationswert infolge der Knappheit der jeweiligen Darstellung jedoch nur gering ist. In allen Fällen enthalten diese Abhandlungen einen Hinweis auf die Möglichkeit, die genannten Krankheiten in der Praxis des Antragsgegners behandeln zu lassen. In der Rubrik "Aktuell" äußert der Antragsgegner in ebenfalls knapper Form seine Meinung über die umstrittene Verwendung von Amalgam als Füllungsmaterial und bietet an, Interessenten über Füllungen aus anderen Materialien sowie über eine Amalgamsanierung und Entgiftung zu beraten. Mit der Behandlung zahnmedizinischer Themen wird somit nicht einem wirklichen Informationsbedürfnis entsprochen, sondern eindeutig Werbung getrieben.

OLG Schleswig-Holstein

11 U 199/96

5.12.1998 Klage gegen den Amalgam-Hersteller Degussa
Das OLG akzeptiert alternativmedizinische Befunde, mit denen Gesundheitsschäden durch Amalgam nachgewiesen werden.

Obwohl nicht eindeutig klar ist, ob das Amalgam bei der Klägerin nur von Degussa stammt, versucht sie den Hersteller in die Verantwortung zu nehmen. Das Urteil enthält die umfangreiche Leidensgeschichte der Klägerin, die seit dem 5. Lebensjahr Amalgamfüllungen hatte.

Das OLG stellt zahlreiche Überlegungen zugunsten der Klägerin an, fällt aber kein abschließendes Urteil, sondern verweist den Fall an das LG Lübeck zurück.

LG Lübeck

12 O 297/95

7.11.2000 Keine Prozesskostenhilfe
für Entscheidung über schädigende Wirkungen von Amalgam (ZPO § 114; BGB § 823 I, II; AMG §§ 5, 84).

Angesichts des gänzlich ungeklärten wissenschaftlichen Erkenntnis­stands können die mit "Amalgam" vorhandenen schwierigen Tatsachen­fragen von Rechts wegen nicht auf der Basis von Prozesskostenhilfe geklärt werden.

Quelle: NJW 2001, Heft 38
Berufsgericht für Heilberufe beim VG Mainz

Kf 536/99.MZ

13.12.2000

Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hat ein Berufsgerichts­verfahren gegen den Trierer Neurologen Dr. Peter Binz angestrengt, weil er mehrfach gerügt hatte, wie Kollegen zum Nachteil von Umweltgift-geschädigten Patienten begutachtet hatten. Dabei hatte er auch auf die bewusste Unterdrückung wichtiger Befunde hingewiesen.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird abgelehnt, weil die Landesärzte­kammer nicht beweisen konnte, dass die von Binz aufgestellten Tatsachen­behauptungen unwahr seien und weil eine unsachliche Schmähkritik nicht vorlag.

weitere Hinweise zu Dr. Binz: siehe Links.
BFH

III R 22/ 00

1.2.2001 Medizinsche Notwendigkeit vor der Behandlung mit Attest nachweisen!
Aufwendungen für eine Ayur-Veda-Behandlung können nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung im Einzelfall durch ein vor ihrem Beginn erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen ist.

Nach dem Attest eines Internisten war bei den Klägern eine Holzschutzmittel-Intoxikation und eine Quecksilber-Belastung aus Amalgamfüllungen festgestellt worden.

OLG Hamm
13 U 210/99

BGH
VI ZR 50/01

Kommentar

29.11.2000
 

2.10.2001

Klage gegen Amalgam-Hersteller auf Schmerzensgeld erfolglos
Anfang der achtziger Jahre bekam ein junger Mann vom Zahnarzt drei größere Amalgam-Füllungen. Jahre später legte ein anderer Zahnarzt weitere Amalgam-Füllungen. Ab 1992 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Patienten. Er litt unter Kopfschmerzen, Rücken- und Nackenbeschwerden. Orthopädische und neurologische Behandlun­gen blieben ohne Erfolg. Auch ein Nervenarzt richtete nichts aus.

Schließlich prüfte ein neuer Zahnarzt mit einem Kaugummi-Test den Speichel des Patienten und stellte fest, dass er erheblich mit Schwer­metallen wie Quecksilber und Palladium belastet war. Anschließend entfernte er die Amalgam-Füllungen und sanierte das Gebiss des Patien­ten. Im Laufe der Zeit klangen die Beschwerden des Mannes ab, der seit 1997 wieder arbeitsfähig ist. Da er die überwundenen Gesundheits­probleme auf das Amalgam-Präparat zurückführte, verklagte er dessen Hersteller auf Schmerzensgeld.

Das zuständige Oberlandesgericht Hamm wies seine Klage jedoch ab. Der Patient glaube, er verdanke seine Genesung der Beseitigung der Füllungen. In der gleichen Zeit sei er jedoch vom Nervenarzt medikamen­tös behandelt worden. Möglicherweise sei ja dessen Therapie der Grund für die Besserung. Jedenfalls könne man nach dem Ende der Behandlung nicht mehr klären, ob Amalgam seine gesundheitlichen Probleme verursacht habe.

Anspruch auf Schmerzensgeld hätte der Patient aber nur, wenn er eben dies beweisen könnte. Eine Haftung des Herstellers komme auch deshalb nicht in Frage, weil das fragliche Füllmaterial vom Bundesgesundheitsamt zugelassen und ohne Mängel sei. Es werde nach wie vor verkauft.

Ob Amalgam, wie oft behauptet, wegen seines Quecksilbergehalts gesundheitsschädlich sei, müsse nach derzeitigem Kenntnisstand der Medizin offen bleiben.
OLG Frankfurt

3 U 30/2000
auch hier

Kommentar

10.4.2003 Klage gegen Amalgam-Hersteller erfolglos
Eine an Multipler Sklerose erkrankte Zahnpatientin hat ohne Erfolg einen Amalgam-Hersteller auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. Das OLG Frankfurt wies die Klage mit der Begründung zurück, es stehe nicht fest, dass die Krankheit der Klägerin auf ihre Amalgam-Zahnfüllung zurückzuführen sei. Die Patientin war nach verschiedenen Zahnbehandlungen an einer Quecksilbervergiftung erkrankt, die bei ihr Multiple Sklerose und Unfruchtbarkeit verursachte. Vor Gericht musste sie jedoch einräumen, dass sie im Vorfeld bereits 7 Amalgam-Füllungen anderer Hersteller erhalten hatte. Bereits aus diesem Grund konnten die Richter eine Ursächlichkeit gerade des von dem beklagten Unternehmen hergestellten Füllstoffes nicht feststellen. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung sei ein Zusammenhang zwischen Multipler Sklerose, Unfruchtbarkeit und der Quecksilberfreisetzung aus Amalgam ohnehin eher als unwahrscheinlich anzusehen, heißt es in der Entscheidung.
BGH

VI ZR 382/12

Kommentar

15.4.2014 Leitlinien und medizinischer Standard
Bei der Beurteilung von Behandlungsfehlern muss der zum Zeitpunkt der Behandlung geltende medizinische Standard beachtet werden.
  1. Leitlinien fassen nicht nur das zusammen, was bereits zuvor medizinischer Standard war. Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Dies gilt in besonderem Maße für Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung veröffentlicht worden sind. Leitlinien ersetzen kein Sachverständigengutachten. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie können aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten.
  2. Die Frage, welches Verhalten von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt in der konkreten Behandlungssituation im Zeitpunkt der Behandlung erwartet werden kann, bestimmt sich aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachgebiets und nicht derjenigen anderer Fachbereiche.
Europäischer Gerichtshof

Case C-621/15

Kommentar von CNN

21.6.2017

Impfstoff kann Multiple Sklerose (MS) verursachen
In einem ungewöhnlichen Urteil wurde entschieden, dass die medizinische Forschung einen Zusammenhang zwischen einem Impfstoff und MS weder bestätigt noch widerlegt. Die MS des französischen Klägers kann also durch einen Hepatitis B - Impfstoff von Sanofi Pasteur verursacht worden sein. Als Nachweis wurden folgende Punkte akzeptiert: der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und Beginn der Krankheit, die Gesund­heit vor der Impfung, es gab keine MS in der Familie und es gab mehrere ähnliche Fälle. Auf den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs kam es nicht an.

Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob versucht wurde, einen kausalen Zusammenhang nachzuweisen: die in Impfstoffen üblicherweise enthalte­nen Gifte ‒ organische Quecksilber- oder Aluminiumverbindungen ‒ könn­ten die MS verursacht haben.

 

Kommentare und Hintergründe zur juristischen Situation

  • auf dieser Homepage: Links
    Juristen, Arbeitsmedizin, Gutachten, juristische und politische Aktion
  • Helmut Beck gibt in seinem Aufsatz Schwermetallbelastungen durch Amalgam einen hervorrage­nden Überblick über die Hindernisse bei der Verwirklichung von Leistungsansprüchen in der gesetzlichen Krankenversicherung und erläutert die Hintergründe. Veröffentlicht in der Zeitschrift "Erfahrungsheilkunde", Heft 10/2000. In einem anderen Aufsatz berichtet er über Diagnostik und Therapie (5.1996)
  • in "Forensische Zahnmedizin" von Klaus Rötzscher werden viele Gerichtsentscheidungen ausgewertet.
  • In "Amalgam - Wissenschaft und Wirklichkeit (1991) von Dr. Wolfgang Koch und Martin Weitz wird auf Seite 80-84 in einem konkreten Fall geschildert, wie die Schadenswirkung von Amalgam gerichtlich nachgewiesen wurde. Als Nachweis diente der Briefwechsel mit der DGZMK (Seite 150-157).
  • Vor jeder Behandlung muss der Patient Gelegenheit haben, sein Einverständnis zu erklären oder zu verweigern, bei größeren Eingriffen wenigstens 24 Stunden vorher.
  • Kausalitäts- und Beweisgrundsätze
    Der Kläger muss die Schädigung vor Gericht nachweisen. Zur Klärung der Frage, ob die Nachweise erbracht wurden, wird das Gericht einen Gutachter beauftragen, der die vom Gericht formulierten Sachfragen zu beantworten hat.

    Leider ist man in der Schulmedizin - entgegen dem Stand der Wissenschaft - fest davon überzeugt, dass die Menge des aus Amalgamfüllungen austretenden Quecksilberdampfs keinen Schaden anrichten kann, also gesundheitlich unbedenklich ist. Der Gutachter kennt einige Statistikstudien, in denen kein Zusammenhang zwischen Amalgamfüllungen und den beim Kläger diagnostizierten Krankheitssymptomen gefunden wurde. Zudem könnte der Gutachter anhand der HBM-Grenzwerte zeigen, dass die Quecksilberwerte in Blut oder Urin des Klägers zu niedrig sind, um eine Krankheit zu verursachen.

    Es genügt also keinesfalls, wenn der Kläger auf die Giftigkeit des Quecksilbers, die erfolgte Exposition und die Krankheitssymptome verweist. Er muss viel­mehr den kausalen Nachweis erbringen, dass die Arbeiten an den Amalgamfüllungen bzw. der ausgetretene Quecksilberdampf zu seiner Erkrankung geführt haben. Leider gibt es in der Schulmedizin dafür praktisch kein anerkann­tes Nachweisverfahren, zumal auch wichtige Referenz- oder Grenzwerte gar nicht definiert sind. Jeder Kläger ist also Pionier bzw. Präzedenzfall. So etwas mögen weder Gutachter noch Richter.

    • Klagen gegen die berufliche Versicherung,
      z.B. Klage eines Zahnarztes gegen die Berufsgenossenschaft bgw.

      Der Kläger muss den Beweis erbringen,

      • dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem schädigenden Ereignis, z.B. dem Unfall, besteht. Kurz gesagt: Ist der Schaden versichert?

        Die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit setzt eine doppelte Kausalität voraus:

        • Haftungsbegründende Kausalität: es muss eine Beziehung zwischen der versicherten Tätigkeit und den besonderen Einwirkungen im Vergleich zur übrigen Bevölkerung bestehen.
        • Haftungsausfüllende Kausalität: die Einwirkungen müssen generell geeignet sein, das klinisch gesicherte Krankheitsbild zu verursachen.
      • dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesund­heitsschaden besteht. Dies geschieht durch
        • den Vollbeweis, dass der Gesundheitsschaden eingetreten ist,
        • den Vollbeweis, dass das schädigende Ergeignis (z.B. die Quecksilberexposition) eingewirkt hat,

          (Hinweis: eigentlich ist die Berufsgenossenschaft verpflichtet, die Giftkonzentration am Arbeitsplatz zu messen, wenn sie eine entsprechende Meldung erhält. Das wird aber gerne möglichst lange unterlassen. Möglich ist die Messung natürlich nur so lange, wie der Arbeitsplatz mit der hohen Giftkonzentration existiert.)

          und

        • die hinreichende Wahrscheinlichkeit des kausalen Zusammenhangs, dass der Gesund­heitsschaden durch das schädigende Ereignis eingetreten ist. Hinreichende Wahrschein­lichkeit bedeutet: es spricht mehr dafür als dagegen.

          Hinweise:

          • Zunächst prüft der arbeitsmedizinische Gutachter, ob in der wissenschaftlichen Literatur, d.h. in Statistikstudien, ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der vermuteten Ursache gefunden wurde. Dabei sucht er aber nur nach Studien, die den Zusammenhang im beruflichen Umfeld untersucht haben. Er ignoriert, dass es für die Entstehung der Krankheit völlig unerheblich ist, ob das schädigende Gift im beruflichen oder einem anderen Zusammenhang eingewirkt hat.
          • Da in der Schulmedizin keine Methode existiert, um den kausalen Zusammenhang zwischen Umweltgiftbelastung und Gesundheitsschaden zu finden, kann der Kläger nur Erfolg haben, wenn der Gutachter bereit ist, über den schulmedizinischen Horizont hinauszuschauen. Wenn es dem Gutachter gelingt, eine andere als die beruflich bedingte Ursache zu finden, wird die Klage abgewiesen. Ggf. reicht es schon, dass diese andere Ursache nicht ausgeschlossen werden kann.
      • Die Bundesregierung teilt am 16.7.2018 (Punkt 13) mit
        Im Zeitraum 2002 bis 2016 gab es insgesamt 25 entschiedene Fälle zu 'Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen' (BK-Nr. 1102), die Zahnärztinnen und Zahnärzte bzw. Zahnarzthelferinnen und Zahnarzthelfer betrafen. Eine Anerkennung findet sich darunter nicht. Vor 2002 kann in der BK-DOK nicht zwischen Arzthelferinnen/Arzthelfern und Zahnarzt­helferinnen/Zahnarzthelfern differenziert werden, sodass hier keine gesonderten Auskünfte für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zahnarztpraxen und Zahnarztkliniken möglich sind.

        Hilfe: Grundlagen der Begutachtung von Arbeitsunfällen, Zusammenfassung

    • Klagen gegen den behandelnden Arzt

      Bei Klagen wegen Behandlungsfehlern oder unzureichender Aufklärung vor der Behandlung kommt es für den Kläger darauf an, eine Beweislastumkehr zu erreichen. Beweislastumkehr tritt ein, wenn der Kläger nachweisen kann, dass der Beklagte (z.B. der Arzt) einen groben Behandlungsfehler begangen hat; ein Anhaltspunkt kann vorliegen, wenn der Arzt nicht gemäß den beruflichen Standards ('lege artis') gearbeitet hat. Ob ein grober Behandlungsfehler vorliegt, stellt das Gericht nach Anhörung des Gutachters fest. Dazu muss der Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Regeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen hat und sein Verstoß aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich ist, weil ein solcher Fehler einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

      Nach Beweislastumkehr muss der beklagte Arzt beweisen, dass zwischen der fehlerhaften Behandlung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden kein Kausalzusammenhang besteht. Dieser Nachweis ist jedoch kaum zu führen und die Beweislastumkehr ist deshalb bei Ärzten gefürchtet.

    • Beweislast und Beweislastumkehr
      Kommentare aus SGB Office Professional, Jansen, SGG § 128.
    • Muss ein Arzt die chronische Quecksilbervergiftung als Ursache der vorliegenden Krankheiten finden?
      Rechtsanwalt Dr. Hans-Berndt Ziegler, Marburg:
      Entschuldbarer Diagnoseirrtum vs. unterlassene Befunderhebung (2014)
  • Amalgam-Gutachten (ein Beispiel)
    In diesem Gutachten werden die Beweisfragen gründlich beantwortet. Die Antwort wird jeweils mit entsprechenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen gestützt. Es wird auch erläutert, welche wissenschaftlichen Veröffentlichungen als Beweis herangezogen werden.

    Wichtig ist die Bewertung der Veröffentlichungen, die als Nachweis dienen, gemäß internationalem und akzeptiertem Standard. Leider besteht in Gutachten, die die Unbedenklichkeit von Amalgamfüllungen behaupten, bei einem großen Teil der Veröffentlichungen der Verdacht der Fälschung. Was tun?

  • Der Patient hat Anspruch auf Herausgabe der vollständigen, ihn betreffenden Patientenakte. So steht es nach Verabschiedung des Patientenrechtegesetzes im BGB, § 630g (gültig seit 1.3.2013).
  • Beweiserleichterung bei Medikamenten-Nebenwirkung: BGH-Entscheidung VI ZR 287/07 (1.7.2008)

    Im Rechtsstreit geht es darum, dass die Klägerin durch das Rheuma-Schmerzmittel Vioxx geschädigt worden war, das wegen seiner Nebenwirkungen bereits 4 Jahre zuvor vom Markt genommen war; damit war das Schädigungspotential des Medikaments anerkannt. Die Klägerin wird von Landgericht und Oberlandesgericht abgewiesen und kommt erst am Bundesgerichtshof zu ihrem Recht. Dem BGH genügt als Beweis die Darlegung des Krankheitsverlaufs; ein kausaler Nachweis, dass die Symptome (Herzrhythmus-Störungen) durch das Medikament verursacht wurden, wird nicht verlangt.

  • ToxCenter e.V.:
  • Bericht von der Fachtagung Schadstoffe in der Umwelt und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit (15.-16.3.2002)
  • Suche nach einem Fachanwalt für Medizinrecht
  • Aufsatz von Helmut Pfeifer und Peter Kurz:
    Die rechtliche Situation für den Zahnarzt bei der Verwendung von Amalgam
  • Dr. jur. Hugo Lanz:
    Der Umwelterkrankte und die Nikolaus-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (10.5.2007)
  • Rechtsanwälte Hildebrand Mehrgardt und Sabine Haber:
    Anerkennung von Chemikalienbelastung am Arbeitsplatz als Berufskrankheit,
    z.B. Parkinson bei Landwirten.
    "Offenbar stehen alle stark neurotoxischen Chemikalien, auch Nicht-Pestizide wie Quecksilber und Kohlenmonoxyd in Verdacht, Parkinson zu verursachen. Es ist zu erwarten, dass es auch insoweit zu Anerkennungen in Berufskrankheitenverfahren kommt."

    Joseph Kuhn: Parkinson-Erkrankung als Berufskrankheit bei Landwirten (2018)

  • Rechtsanwalt Michael Zach
  • Die Rechtanwälte Gilmour, 98693 Ilmenau
    • empfehlen zum "Umgang mit dem behandelnden Arzt:
      Sie können - am besten in Gegenwart eines Zeugen - das Gespräch mit dem Arzt suchen. Erheben Sie in diesem Gespräch keine Vorwürfe, sondern lassen Sie sich die Geschehnisse erklären. Bitten Sie den Arzt um entsprechende Aufklärung, wie es das Patientenrechtegesetz von ihm abverlangt. Dokumentieren Sie sofort anschließend das Gespräch schriftlich mit dem Zeugen.
      "
  • Krankenkassen und -versicherungen haben bestimmte Maßstäbe, an denen sie sich orientieren, wenn es darum geht, ob sie eine Leistung erstatten:
  • Rechtsanwalt Wilhelm Krahn-Zembol: Geschädigten-Quoten, Gesundheitsreform und ähnliche Kurzsichtigkeiten - Ein Stimmungsbild aus der anwaltlichen Praxis
  • Stiftung Gesundheit, Medizinrecht.
  • Das Medizinrechts-Beratungsnetz bietet Anwaltssuche und telefonische Beratung an.
  • Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) bietet ein bundesweites und kostenfreies Beratungstelefon: 0800 0 11 77 22 (Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr)
    Die Patientenberatung wird seit 2016 vom Unternehmen "Sanvartis" betrieben, das mit Krankenkassen und der Pharmaindustrie zusammenarbeitet. Es bleibt abzuwarten, ob dann noch eine unabhängige Beratung möglich ist. Bericht auf Spiegel Online vom 4.9.2015.
  • Gutachter und Begutachtung  
    Erfahrungsgemäß ist bei vielen Gutachtern zu befürchten, dass sie nach Belastung durch Umweltgifte - auch Quecksilber aus Amalgamfüllungen - deren Auswirkung völlig unterschätzen und lieber eine psychische bzw. psychiatrische Ursache der Erkrankung oder Alkoholismus vermuten. Wie kann sich der Kläger (Patient) dagegen wehren?
    • Befangenheit
      Ablehnung des vom Gericht vorgeschlagenen Gutachters wegen Befangenheit; Voraussetzung: Informationen über den Gutachter sammeln, z.B. durch Internet-Recherche oder Informationsaustausch mit anderen Betroffenen.
    • Psychiatrisierung, psychiatrische Begutachtung

      Unter Psychiatrisierung versteht man die Umdeutung eines neurotoxischen Gesundheits­schadens in einen psychiatrischen Befund. Der Kläger wird mittels einer psychiatrischen Diagnose unglaubwürdig gemacht, und im Extremfall wird ihm sogar die Prozessfähigkeit entzogen. Dadurch wird der Kläger daran gehindert, seine Klageziele weiter zu verfolgen. Gerne arbeiten hier Gutachter und Richter Hand in Hand.

      Der Kläger sollte möglichst eine psychiatrische Begutachtung vermeiden. Wenn dem Gutachter trotz chronischer Vergiftung eine psychiatrische Diagnose gelingt, könnte das Gericht eine externe Ursache bzw. Verantwortung verneinen und die Klage vermutlich abweisen.

      Beispiel: der Gutachter erkennt beim Kläger eine dissoziative Störung: Die Betroffenen regieren auf sehr belastende Erlebnisse mit der Abspaltung von Erinnerungen oder gar ganzen Persönlichkeitsanteilen. So lassen sich unerträgliche Erfahrungen ausblenden. Zu den dissoziativen Störungen gehören unter anderem die dissoziative Amnesie und die multiple Persönlichkeitsstörung (aus netdoktor.de). Im Klartext: Der Kläger lügt, dass sich die Balken biegen, ohne dass ihm das überhaupt bewusst ist. Der Richter ist froh, dass wenigstens der Gutachter in der Lage ist, die Erzählungen des Klägers zu korrigieren.

      Im Rahmen der Schulmedizin wird die Psychiatrisierung erleichtert, weil viele Ärzte und Richter fest daran glauben, dass neurotoxische Stoffe ungiftig und nicht gesundheitsschädlich sind. Selbst wenn der Gutachter gezwungen wird, seine Auffassung wissenschaftlich zu begründen, wird er vermutlich entsprechende Studien finden und notfalls umdeuten, d.h. fehlerhaft zitieren.

      Weitere Informationen

    • Mitnahme einer Begleitperson zur Begutachtung
    • In der mündlichen Verhandlung:
      • Zweifel an der Glaubwürdigkeit des gegnerischen Gutachters wecken, wenn der Kläger vermeiden möchte, dass das Gericht sein Urteil auf dessen Gutachten stützt.
      • Achtung: der Vortrag des (Privat-)Gutachters des Kägers wird vom Richter eventuell mit der Behauptung abgebrochen, das alles stehe schon in den Akten und müsse nicht erneut vorgetragen werden. Nicht demotivieren lassen!
    Weitere Informationen und Links zu Gutachten:
  • Neue Rechtslage seit 1.1.2008:
    Ärzte können sich nach Behandlungsfehlern bei Patienten entschuldigen
  • wikipedia.de: Behandlungsfehler
  • Ausland: siehe Linkliste